Zum Inhalt springen
Startseite » Kanzlei Niederhammer bloggt » Staatsbürgerschaft für Opfer des Nationalsozialismus

Staatsbürgerschaft für Opfer des Nationalsozialismus

Staatsbürgerschaft

Österreich hat mit § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) eine spezielle Regelung geschaffen, die es ermöglicht, die österreichische Staatsbürgerschaft unter erleichterten Voraussetzungen zu erwerben. Sie richtet sich an Opfer des Nationalsozialismus und des Austrofaschismus sowie an deren Nachkommen. Ziel des § 58c StbG ist es, das Unrecht der Vergangenheit anzuerkennen und Betroffenen und ihren Familien einen Weg zurück zur österreichischen Staatsbürgerschaft zu eröffnen.

Wer kann die Staatsbürgerschaft nach §58s StbG beantragen?

Opfer des Nationalsozialismus und des Austrofaschismus (Abs. 1 und Abs. 1a)

Anspruchsberechtigt sind zunächst jene Personen, die sich vor dem 15. Mai 1955 aus Österreich in das Ausland begeben haben, weil sie Verfolgungen durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches entweder zu befürchten hatten oder tatsächlich erlitten haben. Gleiches gilt für Personen, die aufgrund ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich von politischer Verfolgung betroffen waren oder eine solche befürchten mussten. Diese Gruppe umfasst insbesondere Personen, die österreichische Staatsbürger waren, aber auch solche, die keine Staatsbürgerschaft besaßen, jedoch ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatten.

Der Anwendungsbereich wurde durch Abs. 1a erweitert: Erfasst sind auch Personen, die ihre Staatsbürgerschaft in zeitlicher Nähe zu ihrer Ausreise verloren haben, weil sie infolge einer Eheschließung automatisch eine fremde Staatsangehörigkeit erwarben.

Staatsbürger ohne Wohnsitz und Deportierte

Ebenfalls anspruchsberechtigt sind Personen, die eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Österreichische Staatsbürger, die zwischen dem 30. Jänner 1933 und dem 9. Mai 1945 keinen Hauptwohnsitz in Österreich verfügt haben, weil sie im Falle einer Rückkehr oder erstmaligen Einreise Verfolgungen durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich zu befürchten gehabt hätten.
  • Personen, die vor dem 9. Mai 1945 als österreichische Staatsbürger von Organen der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich in das Ausland deportiert wurden.
  • Ebenso erfasst sind Staatsangehörige eines Nachfolgestaates der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie oder Staatenlose mit Hauptwohnsitz in Österreich vor dem 9. Mai 1945, wenn sie aus denselben Gründen in das Ausland deportiert wurden.

Die maßgeblichen Verfolgungsgründe umfassen sämtliche Fälle politischer, rassischer, religiöser und sonstiger Verfolgung. Dazu zählen z.B. die Verfolgung von Menschen jüdischer Herkunft, Roma und Sinti, Angehörigen der Zeugen Jehovas, Menschen mit homosexueller Orientierung sowie Opfer der sogenannten „T4 Aktion“, dem nationalsozialistischen Programm zur Ermordung von Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen.

Nachkommen der Betroffenen (Abs. 3 und Abs. 4)

§ 58c Abs. 3 ermöglicht den Erwerb der Staatsbürgerschaft für Nachkommen in direkter absteigender Linie (Kinder, Enkel, Urenkel) von Personen, die selbst nach Abs. 1 oder Abs. 2 anspruchsberechtigt waren oder gewesen wären. Abs. 4 erweitert den Anspruch auf Nachkommen von Personen, die vor dem 9. Mai 1945 im Zusammenhang mit Verfolgungen entweder in Österreich oder im Ausland ums Leben kamen. Auch hier ist ein Nachweis der direkten Abstammung erforderlich.

Nachkommen sind auch Wahlkinder, sofern sie als Minderjährige an Kindesstatt angenommen wurden (§ 58c Abs. 6).

Einschränkungen für Nachkommen (Abs. 5)

Nachkommen verlieren ihren Anspruch, wenn sie die österreichische Staatsbürgerschaft schon einmal aufgegeben haben, zum Beispiel freiwillig oder weil sie in den Militärdienst eines anderen Staates eingetreten sind. Das gilt auch, wenn sie eine andere Staatsangehörigkeit angenommen haben. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn sie beim Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gar nicht wussten, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch Österreicher waren.

Der Erwerb der Staatsbürgerschaft nach § 58c erfolgt kraft Gesetzes, das heißt, dass die betroffene Person automatisch Österreicher wird, sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind, ohne dass es dafür eine ausdrückliche Verleihung oder einen behördlichen Entscheid braucht. Die Anzeige muss dafür schriftlich bei der zuständigen Behörde erfolgen.

Verfahrensablauf

Die Anzeige bzw. der Antrag kann im Ausland bei der für Sie zuständigen österr. Vertretungsbehörde oder beim zuständigen österr. Berufskonsulat eingebracht werden. Bei Personen, die im Ausland geboren wurden, kann die Anzeige auch direkt an die Magistratsabteilung 35, des Amtes der Wiener Landesregierung eingebracht werden.

Fazit

§ 58c StbG ist eine besondere Regelung im österreichischen Staatsbürgerschaftsrecht. Sie ermöglicht es Opfern des Nationalsozialismus und Austrofaschismus und deren Nachkommen, die österreichische Staatsbürgerschaft unter erleichterten Bedingungen zu erwerben. Für viele Betroffene ist dies nicht nur ein rechtlicher Schritt, sondern auch eine Möglichkeit, die Verbindung zu Österreich wiederherzustellen.

Für eine erste Abklärung, ob Sie bzw. Ihre Angehörigen die Voraussetzungen erfüllen, können Sie hier eine Rechtsberatung vereinbaren. Bei dieser können auch Details zum Verfahrensablauf und der benötigten Dokumente besprochen werden.

Schlagwörter: